von Bernd Schubert, Oktober 2022
Fast pünktlich um 5:05 Uhr, nachdem der letzte Nachzügler sein Rad im Anhänger und sein Gepäck im Kofferraum des Busses verstaut hatte, ging es Morgens wieder Mal von Nußdorf am Inn aus mit dem Bus in Richtung Süden (siehe meinen Reisebericht Südfrankreich). Diesmal nach Apulien auf die Halbinsel Promontorio del Gargano. Der Bus war diesmal bis auf den letzten Platz ausgebucht. 30 Radler. Die älteste Teilnehmerin war sagenhafte 84 (!) Jahre und fuhren mit ihren elektrounterstützten Bikes in Gruppe II oder III.
Wie schon in 2019 ging es wieder mit zwei Busfahrenden, bzw. diesmal mit der Fahrerin Janett und dem Fahrer Rudl, auf die lange Anfahrt. Erste Pause war etwa auf Höhe des südlichen Gardasees nach ca. 3,5 Stunden. Der erste italienische Kaffee schmeckte wie gewohnt sehr gut.
Und endlich ließ sich auch die Sonne ohne wolkenverhangenen Himmel blicken. Die hatten wir in der Vorwoche in Süddeutschland und bei Freiburg im Breisgau bei Temperaturen um nur noch 10 Grad bereits schwerlich in unserem Jahresurlaub vermisst.
Nach weiteren ca. 3,5 Stunden die „Mittagspause“. Und so ging es weiter bis zum Hotel Residence il Porto bei Mattinata. Dort trafen wir kurz nach 19:00 Uhr ein. Das Hotel liegt wunderschön direkt an der Küste ca. 40 – 60 Meter über dem Meer und dem kleinen Hafen von Mattinata.
1. Radfahrtag
Nach einem ausgiebigen Frühstück ab 7:30 ging es gegen 10:00 Uhr auf die Strecke. 92 km und 1570 hm standen am ersten Tag auf dem Fahrplan. Für Lilli, die in einer anderen Leistungsgruppe startete, sollten es 52 km und „nur“ 450 hm werden. Dazu fährt das Reiseunternehmen Margreiter die zumeist zwei „schwächeren“ Gruppen mit dem Bus zu „nachgeschobenen“ Startorten. Die Auswahl, wer wo starten möchte kann jeden Tag neu und frei von Gruppenzwängen jederzeit gewählt werden.
Für die Mittagspause auf der Tour, es ist ja schließlich Urlaub, wird ein Restaurant „an der Strecke“ vorgeschlagen. Zusätzlich ist der Bus an zuvor kommunizierten und signifikanten Punkten der Strecke als Verpflegungsfahrzeug, Reparaturfahrzeug und Besenwagen immer dabei.
Diese erste Strecke führte wunderschön an der südöstlichen Küste entlang in Richtung Vieste. Dort war die Mittagspause geplant. Auf dem Weg dorthin, konnte ich noch mehrere schöne Blicke über die Küste und ihre Sandstrände werfen, welche im Hochsommer mit Sicherheit bis auf den letzten Quadratzentimeter mit Sonnenhungrigen gefüllt sind.
Ursprünglich sollte es nach der Mittagspause von Vieste aus etwas weiter im Inland über die SS 89 nach Mattinata zurückgehen. Immerhin bis auf eine Höhe von ca. 660 m.
Durch eine Wetterverschlechterung und den Tipp des Busfahrers wählte ich jedoch nochmal die Küstenstrasse als Rückweg, was sich als der bessere, weil trockenere und „wärmere“ Weg herausstellte. Ca. 17:00 Uhr traf ich daher allein wieder am Hotel ein. Zuerst eine warme Dusche und dann um 19:30 Uhr zum Abendessen mit Fisch. Wie kann es hier so nah am Meer auch anders sein. Der erste Tag konnte somit recht perfekt beendet werden.
2. Radfahrtag
Am zweiten Tag wurde aufgrund der Regenmengen vom Tag zuvor die Tour 5 gegen die vom 2ten Tag getauscht. Wir fuhren vom Hotel aus gleich mal den malerisch, 800 Meter hoch gelegenen Ort und Berg Monte San Angelo an. Oben angekommen bestand die Möglichkeit die sehr alte Burgruine zu besichtigen, was ich mir jedoch gespart habe. Ich bin ja zum Fahrradfahren hierhergekommen.
Die 300 hm Abfahrt war verdammt kühl, lag überwiegend im Schatten des Höhenzuges und die Strasse war zu einem großen Teil noch feucht. Zum glück ausreichend breit, denn die Italiener haben es nicht so mit dem Sicherheitsabstand beim Überholen. Sie kommen mir sehr nahe dabei. Daran muss ich mich erst gewöhnen. Wobei sie Radfahrer zumindest nicht vorsätzlich gefährden (wollen), so wie es manch ein Autofahrender in Deutschland gerne mal macht.
Es folgte nach der viel zu kurzen Abfahrt sogleich der nächste Anstieg Richtung Coppa Guardiola. Dort konnte ich mich nach ca. 11 km Fahrstrecke entscheiden, ob ich auf die lange Strecke abbiegen oder die kurze Variante wählen sollte. Ich war allein und entschied mich daher für die lange Variante. Es ging nun über die Hochebene des Gargano nach Carpino und Ischitella und weiter nach Vico del Gargano. In Vico, nahm ich zusammen mit einem Begleiter aus dem Grupetto ein kleines Mittagsmahl in einer Bar ein. Aber erst, nachdem ich mit ihm zusammen auf der Suche nach einer Pizzeria ca. 30 min durch die schmalen Gassen geirrt sind.
Durch den Foresto Umbra ging es nochmal über die Hochebene zum Hotel zurück. Die Abfahrt auf einer sehr schmalen und stellenweise sehr schlechten Strasse war recht anspruchsvoll. Zugleich fühlte ich mich später auf der Hochebene mit ihren Steinmauern links und Rechts der kleinen Strasse ein klein wenig wie auf Mallorca beim Befahren der spanischen Camis.
3. Radfahrtag
An diesem Tag gab es einen ersten Bustransfer in den Westen des Garganos. Wir starteten auf Meereshöhe und nach nur drei Kilometern begann der Anstieg nach San Marco in Lamis auf ca. 525 m Meereshöhe. Ich war als einer der letzten gestartet, konnte aber bis San Marco etliche der vor mir gestarteten Fahrerinnen und Fahrer wieder ein- und überholen. Das geschah nicht mit Absicht. Aber der geneigte Leser wird es wissen. Am Berg fährt jeder sein eigenes Tempo. Oben wird im Zweifelsfall gewartet.
Nun, da wir keine Gruppe gebildet oder abgestimmt hatten, fuhr ich allein und nach einem kurzen Stopp für ein Foto im Ort, ging es auch schon wieder auf der Hochebene des Garganos um den Coppa di Mezzo (902 m) und den Monte Calvo (1055 m) herum. Irgendwo hinter San Marco in Lamis erreichte ich dann auch den höchsten Punkt aller Touren auf nun 930 m.
Nach einer langen Abfahrt auf der SP43 mit einigen Gegenwellen auf der SS 272 erreichte ich, immer noch allein, den Einstieg zum Monte S. Angelo. Es ging nun andersherum wie den Tag zuvor, den Berg mit 300 hm wieder hinauf.
Es war mit 22°C eine angenehme Temperatur beim Aufstieg. Allerdings ist es bei der Abfahrt nach Mattinata dann doch so kühl gewesen, dass ich mir noch meine Regenweste gegen den Fahrtwind anzog. Zur Belohnung des Tages ging es kurz vor dem Hotel auf einen Kaffee Americano, ein Pomodore und einen Averna in eine Strandbar. Ein schöner Abschluss der Tour.
4. Radfahrtag bzw. Ruhetag
Der vierte Radfahrtag war für mich und Lilli ein erster Ruhetag mit einem Fahrrad-Bummel durch die Altstadt von Mattinata, verbunden mit einem Besuch des lokalen Marktes. Jedoch ist der Ort vergleichsweise klein, so dass wir am frühen Nachmittag wieder am Strand waren und ich mir noch eine Portion Spaghetti aglo Sculio in einer Strandbar gönnte. Die kleine Bar bietet eine vorzügliche Auswahl an Fischspeisen.
5. Radfahrtag
Der fünfte Radtag begann mit einem sehr langen Bustransfer. Wir fuhren Richtung Südwesten bis hinter den kleinen Ort Lavello. Dort startete eine rund 113 km lange Tour die uns am Castel del Monte vorbei bis in die Hafenstadt Trani führte. Es standen einige wenige Anstiege in der Gruppe 1 auf dem Programm. Zum Ende der Tour sollten es lediglich rund 900 hm werden.
Die Abfahrt nach Trani führte entlang der N 170 über Corato und N 378 mit deutlich mehr Verkehr als bisher gewohnt. Nur gut, dass es schon nach 15:00 Uhr war, die Italiener bereits ihren Feierabend antraten, die Strasse zudem über weite Strecken gut ausgebaut war und einen Randstreifen hatte. Was nicht bedeutete, dass der Blick allzu lange von der Strasse genommen werden konnte. Es gab immer noch wiederkehrend Schlaglöcher und fehlende Asphaltdeckenstücke, sowie hier und da extrem viel Müll auf dem Randstreifen (!) bzw. in den Haltebuchten.
Das mit dem Müll scheint in diesem Teil von Italien überhaupt ein Problem oder gar Normalität zu sein. Soviel Müll, wie an den Strassenrändern und den Parkbuchten außerhalb der Ortschaften abgekippt herumlag, konnte ich den Eindruck gewinnen, dass es eine geordnete Müllabfuhr in diesem Teil von Italien nicht zu geben scheint.
6. Radfahrtag
Leider habe ich den 6ten Radfahrtag aufgrund eines Infektes ausgelassen. Schade eigentlich, sollte es doch entlang der Nordküste permanent am Meer entlang gehen und über Vieste wieder Richtung Süd-Süd-West zum Hotel zurück. Dort wollte ich dann auch die Fahrt über die Hochebene vom ersten Tag nachholen. Doch Gesundheit ging für mich vor.
Am Mittwoch der Folgewoche, wieder in Steinkirchen stellte sich bei einem Test heraus, dass ich mich mit Corona infiziert hatte. Lilli blieb davon dankenswerter Weise verschont.
Mein Fazit:
Es war eine anstrengende Hin- und Rückfahrt, weil zeitlich lang. Das Hotel war OK. Das Appartment sehr gut mit nur kleinen Einschränkungen. Wir hatten ein Apartment mit Waschmaschine und Kühlschrank. Das Bett war französisch bezogen. Also nur mit zwei dünnen Laken. Es gab aber auch noch eine Wolldecke. Das Essen weitestgehend gut und auf einem guten Niveau aber landestypisch immer erst spät serviert (19:30 – 21:30 Uhr). Leider fehlt es definitiv an Grünzeugs. Als zum Beispiel mal ein Salat. Sowas mögen die Italiener so tief im Süden wohl nicht.
Die Strassen im Gargano sind teilweise in einem schlechten Zustand und ich kann eine Reifenbreite von mindestens 28 mm nur empfehlen. Besser sind 30 oder mehr Millimeter. Die Landschaft ist mediterran geprägt, der Cafe überall sehr gut und außerhalb der Touristenhotspots sehr günstig. Ich habe zum Beispiel in Minervino einen Espresso Doppio an einem Kiosk für lediglich 1 € bekommen. Zumeist bekommt man auch kleine Speisen (Orichetti, Pomodore, Panini) für schmales Geld. Es ist eben doch eine weniger reiche Region in Italien.
Und Tschüss, euer Bernd S.